Lokibo Blog

Unser Buchtipp der Woche – “Das Herzenhören” von Jan-Philipp Sendker

Guten Abend zusammen,

diese Woche haben wir einen inspirierenden Roman für euch: “Das Herzenhören” von Jan-Philipp Sendker.

„Seine Augen waren mir als Erstes aufgefallen. Sie lagen tief in ihren Höhlen, und es war, als könne er den Blick nicht von mir lassen. Alle Gäste des Teehauses starrten mich mehr oder weniger unverhohlen an, aber er war der aufdringlichste“ (S. 9). Julia Win aus New York sitzt in einem Teehaus bei Birma. Sie sucht ihren Vater. Er ist vor vier Jahren verschwunden. Einfach so. Er hat sie, ihren Bruder und ihre Mutter zurückgelassen. Ohne ein Wort. Ungewissheit. Er hieß Tin Win und war sehr erfolgreicher Anwalt – er hatte einen Instinkt, auf den er sich hundertprozentig verlassen konnte. Er wusste beispielsweise, wann jemand log. Immer. Er spürte es. Das machte seinen Erfolg aus.

Unbenannt

Und jetzt sitzt seine Tochter Julia im Teehaus. In Birma. Sie hatte vor einiger Zeit einen Brief ihres Vaters gefunden, einen Liebesbrief, in einem alten Kästchen – dessen Spur sie hierherführte. Sie fühlt sich unwohl und verloren, alle starren sie an. Derjenige, der sie am aufdringlichsten anstarrt, spricht sie an. Er heißt U Ba. Und er erzählt ihr diese Geschichte:

Es war einmal ein kleiner Junge, der in einem nahegelegenen Bergdorf lebte. Er war blind. Nicht von Geburt an, aber im Laufe der Jahre wurde er blind – vermutlich eine Krankheit. Er konnte die Welt nicht mehr sehen, aber er war nicht unglücklich. Er konzentrierte sich auf seine anderen Sinne – er hörte die Welt, roch sie, spürte sie. Er hörte die Herzen der Menschen schlagen und fühlte sich zu manchen hingezogen, zu anderen nicht. Von einem Mädchen fühlte er sich besonders angezogen. Mi Mi. Er liebte ihren Herzschlag. Er verliebte sich und liebte sie. Sie liebte ihn. So, wie sich junge Menschen eben lieben können. Mi war gehbehindert. Der kleine Junge trug sie in die Wälder um ihr Dorf, sie erkundeten die Welt, ihre kleine Welt, sie erzählte ihm, was sie sah. Er trug sie. Sie ergänzten sich. Sie lebten. Und waren glücklich.

Die Zeit verging. Eines Tages kam ein Mann und holte den Jungen ab. Ein Onkel aus dem fernen Amerika. Mi blieb zurück. Der Junge, inzwischen ein junger Mann, versprach Mi, ihr zu schreiben und bald wiederzukommen. Er kam nicht wieder. Sein Onkel, ein reicher Mann, finanzierte ihm eine Augenoperation und ein Jurastudium. New York. Der Junge hieß Tin Win. Julias Vater.

Er heiratete eine Amerikanerin, wurde Vater, wurde Anwalt; sein Instinkt, seine Sinne, sein Erfolg. Und jetzt ist er verschwunden. Die Geschichte geht natürlich noch weiter – wie sie weitergeht, möchten wir hier nicht verraten. Warum hat sich Tin nicht mehr bei Mi gemeldet? Oder sie sich bei ihm? Wer ist U Ba? Kennt er Julias Vater? Warum ist Tin verschwunden? Lebt er noch? Was ist passiert?

Ein hochspannendes Buch über die Liebe und das Leben, im Westen, in Birma, über Lebens-Perspektiven, über das Glücklichsein. Ein wunderbares Buch … das berührt und rührt. Mit der schönste Liebesroman, den wir je gelesen haben. Unser Buchtipp für den Herbst, für kalte Tage, für Sturm und für Regen … diese 304 Seiten werden wärmen, sehr, 2012 erschienen bei „Heyne“; als Hörbuch anhören oder lesen!

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