Lokibo Blog

Buchtipp der Woche – “Der Junge, der Träume schenkte” von Lucia di Fulvo

Tach zusammen,

es ist Montag … Zeit für unseren Buchtipp für euch! Heute ist es ein schöner Roman von Lucia di Fulvo: Der Junge, der Träume schenkte. Worum es geht? Wie wir ihn finden? Hier unsere Rezension:

„Anfangs hatten beide beobachtet, wie sie heranwuchs. Die Mutter und der Gutsherr. Die eine mit Sorge, der andere mit seiner trägen Wollust. Doch bevor sie zur Frau wurde, trug die Mutter dafür Sorge, dass der Gutsherr sie nicht mehr beachtete. Als das Mädchen zwölf Jahre alt war, gewann die Mutter, wie sie es von den alten Frauen gelernt hatte, aus Mohnsamen einen Sirup. Diesen Sirup flößte sie dem Mädchen ein, und als es benommen vor ihr zu taumeln begann, nahm sie es auf ihren Rücken, überquerte die staubbedeckte Straße, die inmitten der Ländereien des Gutsherrn an ihrer Hütte vorbeiführte, und trug es bis zu einem Kiesbett, wo eine verdorrte Eiche stand. Sie brach einen dicken Ast ab, zerriss die Kleider des Mädchens und rammte ihm einen spitzen Stein in die Stirn. Dann legte sie ihre Tochter in verrenkter Haltung, als wäre sie beim Sturz vom Baum die Böschung hinabgerollt, auf dem Kies ab und ließ sie, bedeckt mit dem Ast, den sie abgebrochen hatte, dort liegen“; das sind die ersten Zeilen des Romans. Diese brutale Szene spielt Anfang des 19. Jahrhunderts in Italien. Das Mädchen heißt Cetta. Ein schönes Mädchen. Sie hat jetzt eine große Narbe auf der Stirn – und sie wird von ihrer Mutter gezwungen, ein Seil zwischen Schulter und Leiste zu binden, so dass sie nur noch gebückt laufen kann. Sie solle sagen, sie sei seit dem Unfall am Baum verkrüppelt. Doch das Vorhaben der Mutter, Cetta für andere Männer uninteressant zu machen, scheitert: Cetta wird vom Gutsherr vergewaltigt – und wird schwanger. Sie ist gerade 14 Jahre alt, als Natale geboren wird. Der Junge, der Träume schenkte. Cetta flieht mit ihrem neugeborenen Sohn … aus der Enge, aus der Armut, in die Freiheit, in die USA. Sie und Natale. 1909 kommen sie in New York an. Die Freiheit sieht anders aus. Cetta muss als Prostituierte arbeiten, um sich und ihren Sohn versorgen zu können. Für ihn möchte sie später ein besseres Leben. Auch er hat es nicht leicht – aufwachsen in einem heruntergekommen Viertel New Yorks. Gangster. Straßengangs. Gewalt. Brutalität. Härte. Überleben. Mit seinem italienischen Namen kommen die Amerikaner nicht zurecht; sie nennen ihn einfach „Christmas“. Und Christmas ist ein besonderer Junge mit besonderer Ausstrahlung: Er ist nicht groß, ist nicht stark, hat nicht viel Kraft – aber er kann erzählen. Er kann fesseln. Ein außergewöhnlicher Junge in übler Umgebung. Mit seiner Art fasziniert er auch Ruth – eine junge Jüdin aus reichem Hause, in die er sich verliebt. Und sie sich in ihn … die Geschichte von Natale, von Christmas, einem italienischen Jungen, der mit nichts als seiner jungen und armen Mutter in die USA kommt. Er wird das heruntergekommene Viertel später verlassen– er wird Erzähler und wird die Menschen in ganz New York mit seinen Radiosendungen faszinieren und bewegen. Der amerikanische Traum. Christmas schafft ihn. Mit seiner Art. Mit viel Glück. Der Weg dahin ist hart und steinig und schwer – und um diesen Weg geht es im Roman. Überaus realistisch geschrieben, ziemlich brutale Szenen, sehr berührende Zeilen. Die Geschichte von Christmas und Cetta … und von Ruth und von Sol und von Bill … liebenswerte, brutale, schräge, tiefsinnige, einsame, arme und reiche Personen vergangener Tage New Yorks. Eine Reise zurück. Ein wunderbares Buch, 2011 bei „Bastei Lübbe“ erschienen. 784 Seiten, die wir denen empfehlen möchten, die nicht zu zart besaitet sind! Unser Buchtipp der Woche!

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